Versteckte Risiken: Die Realität hinter Kombiverträgen mit Berufsunfähigkeitsversicherungen
- Céline Wernet
- 18. Juni 2024
- 4 Min. Lesezeit
Stellen Sie sich vor, Sie sind auf dem Höhepunkt Ihrer beruflichen Karriere, als plötzlich ein unvorhergesehenes Ereignis Ihr Arbeitsleben unterbricht. In solchen Momenten kann eine Berufsunfähigkeitsversicherung Ihr Lebensretter sein. Doch nicht alle Versicherungen sind gleich. Kombiverträge bieten verschiedene Hauptversicherungen wie Renten- oder Basisrentenversicherungen an, zu denen eine Berufsunfähigkeitsversicherung als Zusatz abgeschlossen werden kann.
Auf den ersten Blick scheint diese Vorgehensweise einen klaren Vorteil zu bieten: Am Ende der Vertragslaufzeit erhalten Sie eine Auszahlung, selbst wenn keine Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Dies vermittelt im Beratungsgespräch erstmal ein gutes Gefühl.
Doch ist das wirklich so?
Bei genauer Betrachtung der Verträge wird deutlich, dass der Beitrag von Anfang an zwischen einer Hauptversicherung und einer Berufsunfähigkeitsversicherung aufgeteilt wird. Die Hauptversicherung dient dabei dem Vermögensaufbau, während die Berufsunfähigkeitsversicherung eigenständig agiert und ihre Leistungen bei Nicht-Eintritt der Berufsunfähigkeit „verfallen“, ähnlich wie bei einer eigenständigen Berufsunfähigkeitsversicherung. Aus finanzieller Sicht bietet dies keinen erkennbaren Vorteil.
Zudem lässt sich die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei den meisten Versicherungen als zusätzlicher Baustein buchen, ohne dass dafür eine vollständige Berufsunfähigkeitsversicherung notwendig ist (sie sorgt dafür, dass der Versicherer im BU-Leistungsfall die Beiträge zur Hauptversicherung weiterzahlt). Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der steuerlichen Absetzbarkeit: Berufsunfähigkeitsversicherungsbeiträge können als „sonstige Vorsorgeaufwendungen“ geltend gemacht werden, sowohl bei eigenständigen Berufsunfähigkeitsversicherungen als auch in Kombination mit Rentenversicherungen. Die steuerliche Absetzbarkeit ist jedoch durch eine Höchstgrenze beschränkt, die häufig bereits durch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ausgeschöpft ist, was die theoretischen Möglichkeiten einschränkt.
Im Gegensatz dazu können Beiträge zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in einer Basisrente als „Altersvorsorgeaufwendungen“ berücksichtigt werden, wobei hier eine großzügigere Höchstgrenze gilt. Die Beiträge zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung dürfen jedoch nicht mehr als 50 % des Gesamtbeitrags zur Basisrente ausmachen. Zum Beispiel dürfen bei einer monatlichen Einzahlung von 250 € in die Basisrente höchstens 125 € für die Berufsunfähigkeits-Komponente verwendet werden.
Das war es dann auch schon mit den vermeintlichen Vorteilen. Was man sich jedoch damit direkt miteinkauft, ist eine Vielzahl an Nachteilen:
Aufgrund der Deckelung der Beitragsgrößen bei z.B. Basisrenten und Riesterrenten ergeben sich oft entweder zu niedrige Absicherungen oder zu hohe Gesamtbeiträge in die Hauptversicherung.
Im Falle der Basisrente wird, wie oben bereits beschrieben, mit der Absetzbarkeit der Steuer geworben. Jedoch wird hier ein entscheidender Nachteil gerne verschwiegen: die nachgelagerte Versteuerung. Im Gegensatz zur selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung, bei der nur ein geringer Ertragsanteil versteuert werden muss, sind in der ersten Schicht recht hohe Steuern zu zahlen.
Bei Kündigung bzw. Rückkauf des Hauptvertrages (insbesondere relevant bei Renten- und Kapitallebensversicherungen) verfällt auch der BU-Schutz. Ein Neuabschluss für eine selbstständige BU-Versicherung ist dann oft schwierig und/oder teuer.
Weniger Gestaltungsmöglichkeiten: es gibt bei selbstständigen BU-Versicherungen viele Stellschrauben, an denen man drehen kann, um den Vertrag möglichst passend und individuell zu gestalten. Viele dieser Möglichkeiten sind bei Kombipaketen nicht verfügbar (Stichworte: Arbeitsunfähigkeit, garantierte Rentensteigerung, …)
Der beste Versicherer für Altersvorsorge muss nicht auch der beste Versicherer für Humankapitalabsicherung sein. Auch in der Versicherungswelt gibt es Spezialisten und Branchenführer in verschiedenen Bereichen.
Wir sehen in unserer Beratungspraxis oft überdurchschnittlich hohe BU-Beiträge in Kombipaketen für unterdurchschnittliche Leistungen.
Die BU-Versicherung steht und fällt mit der Hauptversicherung, die selbst jeweils gewisse Eingrenzungen und Nachteile mitbringen. So sind Basisrenten z.B. nicht kündbar. Damit geht auch für den BU-Vertrag Flexibilität verloren, was jedoch wichtig ist, da sich die Ansprüche und Bedürfnisse einer Person im Zeitverlauf ändern können. Ein Spezialfall ist unter diesem Aspekt die BU-Versicherung in Verbindung mit betrieblicher Altersvorsorge: ein Arbeitgeberwechsel kann zu einem Verlust des Berufsunfähigkeitsschutzes führen.
Zusammenfassend ist es dringend ratsam, die Risikoabsicherung und den Kapitalaufbau voneinander zu trennen. Ein Kombivertrag mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung bietet zwar steuerliche Vorteile und ggf. eine vereinfachte Gesundheitsprüfung, jedoch überwiegen oft die Nachteile wie mangelnde Flexibilität und Komplexität bei Änderungen der Lebensumstände. Meistens ist es sinnvoller, die Berufsunfähigkeitsversicherung separat abzuschließen, um eine flexible und bedarfsgerechte Absicherung sicherzustellen. Eine unabhängige Beratung kann dabei unterstützen, die optimale Entscheidung zu treffen und die beste Absicherung für Ihre individuellen Bedürfnisse zu finden.
Ich habe einen Kombivertrag: Was soll ich jetzt tun?
Wenn Sie bereits einen Kombivertrag abgeschlossen haben, lohnt es sich diesen unter die Lupe zu nehmen:
Prüfen Sie an welchen Hauptvertrag Ihre BU gekoppelt ist
Analysieren Sie die Verträge jeweils für sich:
a. Wie funktioniert die Hauptversicherung?
b. Welche Vor- und Nachteile bringt sie für mich mit?
c. Macht die Hauptversicherung für mich noch Sinn?
d. Wie hoch ist meine BU-Absicherung? Genügt mir diese?
3. Wieviel des Beitrages entfällt auf welche Komponente in der Versicherung? Fragen Sie
dafür gerne direkt bei der Versicherung nach.
4. Prüfen Sie Ihre Möglichkeiten durch Rückfrage an den Versicherer:
a. Lassen sich die beiden Verträge voneinander trennen?
b. Was passiert mit der BU-Versicherung, wenn Sie eine Änderung am Hauptvertrag
vornehmen?
5. Lassen Sie sich Gegenangebote für Ihre BU rechnen
6. Wägen Sie die Möglichkeiten miteinander ab
Sie sehen: Die Überprüfung eines bereits abgeschlossenen Kombivertrages kann zu einigen Fragen führen, die dazu neigen, sich im Kreis zu drehen. Verwenden Sie daher die aufgeführten Punkte als Checkliste, um Ihren Vertrag selbst zu überprüfen.
Alternativ können Sie auch auf uns zukommen. Wir überprüfen Ihre bestehenden Verträge, unterstützen Sie bei der Kommunikation mit der Versicherung und helfen Ihnen bei der Abwägung Ihrer Möglichkeiten und Perspektiven, die auf Ihre individuelle Situation und Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Vereinbaren Sie gerne ein kostenfreies, unverbindliches Erstgespräch über https://calendly.com/celine-wernet/updategesprach oder schreiben Sie uns eine E-Mail an: info@her-family-office.de
Wir freuen uns darauf Sie kennenzulernen.
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